Der AVIXA-Standard Display Image Size for 2D Content in Audiovisual Systems, kurz DISCAS greift tief in den Planungsprozess bei der Installation von Displays ein und schafft die alten Faustregeln ab. Warum bloß? DISCAS

Es ist doch die ganze Zeit über ziemlich gut gegangen. Ohne DISCAS. Ein erfahrener Fachplaner konnte, mit den einschlägig bekannten Faustformeln, die richtige Größe eines Displays, für eine definierte Nutzung an einem definierten Ort spezifizieren. 
Doch mit DISCAS ist selbst die bewährte 4-6-8-Regel passé. DISCAS arbeitet mit einem systembasierten Ansatz, der unter anderem die Größe der auf dem Display dargestellten Bildelemente, die Sehschärfe des Betrachters, sämtliche Betrachterpositionen und die Auflösung des Displays berücksichtigt.

Wolfgang EnigkEin ganz wichtiger Faktor, den es bei den Faustformeln nicht einmal ansatzweise gab, ist die Auflösung der Displays. Die Faustformeln stammen aus den Zeiten von Uralt-Grafikauflösungen. Bereits in dem Moment, in dem ich von HD auf FullHD gehe oder – wie heute üblich – sogar auf 4K, ergibt sich ein Riesenunterschied für die Auswahl des passenden Displays

Wolfgang Enigk ist seit 1996 Mitglied von AVIXA – damals noch InfoComm International – und für AVIXA ehrenamtlich in Zertifizierung und Weiterbildung tätig. Sein Ingenieurbüro dreischichtbetrieb, mit Standorten in Konstanz und Stuttgart, ist auf die Fachplanung von medientechnischen und IKT-Projekten spezialisiert.

Sobald die Auflösung integraler Bestandteil der Fachplanung ist, stellt sich automatisch die Frage nach dem darzustellenden Content. Ein Bildelement - sei es nun eine Grafik, eine Tabelle oder ein Schriftfont - beansprucht auf einem 4K-Display schlicht nur ein Viertel der Fläche, die auf einem FullHD-Display benötigt worden wäre, wird also deutlich kleiner dargestellt. Der Betrachter muss folglich näher ans Display rücken, um das Bildelement erkennen zu können. 

ADM und BDM

DISCAS trägt dem im ersten Schritt mit einer grundsätzlichen Fragestellung Rechnung: Wird eine BDM- oder eine ADM-Lösung benötigt?

"Man kann mit dem DISCAS oft schon in den ersten Projektbesprechungen wesentliche Faktoren aufzeigen. Sagen wir, wir sitzen zu acht zusammen, und haben nur ein 55-Zoll-Display. Das reicht für meine Präsentation, aber wenn wir dann den CAD-Plan vom Innenarchitekten anschauen, stehen alle auf und laufen nach vorn. Das ist genau der Punkt. In einer normalen Konferenzsituation reicht mir BDM, aber wenn ein Architekt oder Projektplaner seinen Kunden CAD-Pläne zeigen möchte, ist ganz klar, da du hast eine ADM Situation", so Wolfgang Enigk.

Bei der "Grundlegenden Entscheidungsfindung", dem "Basic Decision Making" (BDM), muss jeder Betrachter alle Informationen, die über das Display vermittelt werden, so wahrnehmen können, dass er auf ihrer Basis grundlegende Entscheidungen treffen kann. Er muss Texte lesen können, Zahlen richtig erkennen, Bilder und Grafiken verstehen. 

Bei der "Analytischen Entscheidungsfindung" hingegen, dem "Analytical Decision Making" (ADM), muss die jeweilige Auflösung und der Betrachtungsabstand dazu geeignet sein, alle Details darzustellen, die für eine Entscheidung relevant sind. Die bildgebenden Verfahren der Medizin etwa benötigen diese extrem detailgenaue Darstellungsweise wie auch das bereits genannte CAD-Material.

Sehschärfe

Deshalb berücksichtigt DISCAS auch das Sehvermögen der Betrachter. DISCAS legt zugrunde, dass die Betrachter eines Displays – seien sie nun Brillen- oder Kontaktlinsenträger oder nicht - über eine im Endeffekt normale Sehkraft von 20/20 gemäß der Snellen-Sehtafel verfügen. Aus dem Bogenminuten-Wert für eben jene Sehkraft leitet DISCAS nun den Sehschärfe-Faktor und die Anforderung für die jeweilige Displaygröße her: Bei ADM (3438) liegt sie für denselben normalsichtigen Betrachter um das gut Siebzehnfache über dem Faktor für BDM (200). 

Trennschärfe

Auch für Umgebungslicht und Arbeitsplatzbeleuchtung sind die ADM-Anforderungen ungleich härter. Dementsprechend gibt es auch keinen fließenden Übergang zwischen ADM und BDM. Die Unterscheidung ist absolut trennscharf.

Diese trennscharfe Unterscheidung zwischen ADM und BDM steht am Beginn des Planens mit DISCAS. Und sie tut vor allem auch eines: sie legt für den Fachplaner das Fundament für das Kundengespräch und ermöglicht ihm die konstruktive, zielorientierte Auseinandersetzung mit den Wünschen des Auftraggebers.

"DISCAS liefert ganz konkrete Fragen. Was wollt ihr denn überhaupt mit dem Display machen? Wie groß ist der Raum? Wie viele Personen sitzen davor? Wo sitzen sie? Auf welcher Sitzhöhe? Was sollen sie tun? Röntgenbilder analysieren oder einer PowerPoint-Präsentation folgen? Das heißt auch, dass wir über den Content reden müssen. Das muss man dem Kunden ganz klar sagen. Das ist auch die Planungs- und Beratungsaufgabe", sagt Enigk.

Enigk hat erstmals 2016 mit DISCAS gearbeitet, direkt nach der Veröffentlichung des Standards. Er verwendet die auch in deutscher Sprache verfügbaren Online-Rechner von AVIXA, mit deren Hilfe sich grundlegende Werte ermitteln lassen: Die maximale Entfernung, die ein Betrachter vom Display haben kann, die Mindesthöhe der Anzeige und die prozentuale Mindesthöhe von Bildelementen (z.B. Schriftzeichen) (bei BDM), bzw. die maximale Anzeigebildauflösung (bei ADM).

Wissenschaftlich basierte Argumente

Der wesentliche, strukturelle Unterschied zwischen DISCAS und den alten Faustregeln ist, dass DISCAS seine Ergebnisse auf wissenschaftlicher Grundlage erzielt. Alle Erwägungen und Rechengrößen sind detailliert darlegbar. Die Ergebnisse sind vergleichbar, konsistent und überprüfbar. Dass Faktoren wie Sehschärfe und Sehgewohnheiten in die komplexen Formeln einbezogen wurden, macht den Standard wirklichkeitsnah und menschenfreundlich.

Bewirkt hat DISCAS zusätzlich auch etwas, das mit ideal berechneten Displaygrößen nur bedingt zu tun hat, erklärt Wolfgang Enigk: "Wenn ich eine Faustformel benutze, dann kann man mir die Ergebnisse glauben oder nicht. Da sitzen andere Fachplaner neben mir. Der Heizungsplaner sagt, nach diesem Standard müssen wir bei diesem Raum so und so viel Luft umwälzen. Der ITler sagt, wir benutzen 802.11ax für WiFi. Jeder Kunde und jeder Entscheider hat schon gehört, dass es diese Standards gibt. Das ist schon ein Unterschied, dass ich sagen kann, der DISCAS, das ist ein Standard. Ich kann die komplexen Formeln zeigen, die Ergebnisse präsentieren und sie nachvollziehbar darlegen und begründen. Der DISCAS ist ein Verkaufsargument für meine Planung."

Planungssicherheit 

Mit einem ausgefeilten Standard wie dem DISCAS im Rücken, können alle am Projekt Beteiligten entspannter ans Werk gehen, der Auftraggeber, der Integrator und natürlich auch der Fachplaner.

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